21. März 2024
«Ich bin überzeugt, dass wir Frauen alles erreichen können»
Im zweiten Teil des Exklusiv-Interviews mit den Yonex Swiss Open spricht PV Sindhu über Geschlechter(un)gleichheit, das Geheimnis ihrer langen Karriere, ihre Zukunftspläne und was sie bei Auslandreisen alles vermisst.
Frage: Sie inspirieren auch viele Frauen und jungen Mädchen. Das hat man hier in Basel auch am schulfreien Mittwochnachmittag gesehen. Das ist sicher sehr inspirierend für Sie, ein solches Vorbild zu sein.
Ja, ich habe hier viele junge Kinder gesehen. Sie haben auf jeden einzelnen Spieler und jede Spielerin gewartet nach ihren Spielen. Sie wollen Fotos und Autogramme und das ist sehr nett und für sie ja auch eine spezielle Chance, die Top-Spieler zu sehen. Sie erhalten dadurch auch Motivation und das ist sehr gut für die Youngsters. Es ist schön für sie, hier auf die Spieler zuzugehen und ihre Spiele anzuschauen, so lernen sie viel mehr. Wenn man diesen Spielern zuschaut, gibt es ihnen diese Glückseligkeit und Vertrauen, so nach dem Motto: Wenn sie es geschafft hat, wieso sollte ich es nicht auch schaffen? Es ist sehr schön, dass viele Youngsters kommen, ihr Interesse zeigen und jedes einzelne Spiel anschauen. Diese Art von Glückseligkeit ist ganz anders.
Es ist immer noch ein weiter Weg bis zur Gleichheit der Geschlechter. Personen wie Sie helfen aber, die Unterschiede zu verringern. Ist das für Sie auch eine Mission?
Im Badminton habe ich keine grosse Ungleichheit zwischen den Geschlechtern gesehen und Herren und Damen wurden immer gleich behandelt. Das ist sehr gut und gilt für Badminton. Generell gibt es ja viele Diskussionen über unterschiedliche Preisgelder, aber im Badminton ist es für beide Geschlechter gleich. Männer und Frauen haben ihre eigenen Wettkämpfe, und es ist für alle hart, nach oben zu kommen. Frauen müssen nicht mehr im Hintergrund sein, wir sind im 21. Jahrhundert und viele Frauen sind sehr erfolgreich. In Indien haben wir viele Frauen, die nach oben kommen und in ihren Karrieren grossen Erfolg haben. Und ich glaube, das gilt für alle Länder: Es gibt so viele wunderbare und inspirierende Frauen wie zum Beispiel auch Serena Williams. Oder ganz viele andere. Wir müssen einfach nach vorne treten und wir müssen diese Willenskraft haben, um alles zu erreichen. Ich bin überzeugt, dass wir alles erreichen können.
Gehen wir zurück zum Sport. Hier haben Sie schon fast alles erreicht. Sie haben eine Olympia-Silbermedaille, eine Olympia-Bronzemedaille – da fehlt ja nur noch eine. Mit welchen Zielen reisen Sie an die Spiele nach Paris?
(lacht): Paris wird sicheranders. Ich muss smarter sein, ich bin ja dank zwei Olympischen Spielen schon sehr erfahren. Alle werden sicher ein Auge auf mich werfen, es ist wichtig, dass ich meine Hausaufgaben mache, zuhause in Indien oder wo auch immer ich bin. Wie gesagt, ich muss smarter sein und natürlich muss ich sehr hart arbeiten, denn die Konkurrenz wird sehr stark sein. Die Frauentour ist sehr ausgeglichen, auf den Plätzen 1 bis 10 der Weltrangliste sind alle gleich gut. Ich muss jedes Mal bei einhundert Prozent sein. Ich muss mental und körperlich wirklich zu hundert Prozent fit sein für Olympia. Jeder einzelne Tag ist entscheidend und ich muss immer gut spielen. Ich kann nicht einfach gegen die Besten gut sein und es gegen die schlechter klassierten Spielerinnen locker nehmen, denn bei Olympia werden alle in Bestform antreten.
Sie sind immer noch jung, aber schon Ihr halbes Leben Badmintonprofi. Was ist das Geheimnis, dass Sie so lange an der Spitze bleiben konnten?
Ich glaube, das liegt vor allem an meiner Leidenschaft für den Sport. Ich habe mit achteinhalb begonnen, Badminton zu spielen und ich mache das, weil ich diesen Sport liebe. Verletzungen sind ein Teil des Lebens, aber wenn man diese Liebe für den Sport hat, wird man alles machen, was nötig ist, um zurückzukommen. Harte Arbeit, Opfer, Hingabe, Konzentration, Disziplin – das gehört alles dazu. Dass ich all diese Jahre dabei bin, liegt an der Leidenschaft und am Interesse für den Sport – ich will noch viel mehr erreichen. Ich denke, das ist erst der Anfang und dass Vieles noch kommt. Ich denke, ich habe noch viele Jahre vor mir. Manchmal ist es ermüdend, aber das ist okay. Man kann freie Tage nehmen, man kann Pausen nehmen, aber ich denke, wenn man mental und körperlich fit ist, dass man Spass hat am Sport. Man sollte nicht später zurückschauen müssen im Leben und denken, dass man nicht alles herausgeholt hat. Was man auch immer machen will, sollte man machen. Und das Wichtigste ist, dass man dabei Spass hat und das mache ich. Und ich liebe es.
Auch Ihre Fans hören das gerne. Heisst das, dass nach Paris auch schon Los Angeles 2028 in ihrem Hinterkopf ist?
Ja, ich werde auf alle Fälle spielen. Wenn ich fit bin, wieso nicht? Wenn ich gut spiele, fit bin und verletzungsfrei und wirklich Spass habe, dann werde ich sicher über 2024 hinaus spielen.
Letzte Frage. Wenn Sie unterwegs sind: Was vermissen Sie von zuhause am meisten – neben Rio?
(lacht laut): Ja, natürlich vermisse ich meinen Hund. Daneben vermisse ich das Essen meiner Mutter, sie kocht wirklich gut. Ich wohne in Hyderabad, jetzt bin ich zu Trainingszwecken mehr in Bangalore, aber ja, ich vermisse das Essen meiner Mutter. Gewisse Opfer braucht es halt. Ich werde das später nachholen und voll geniessen.
PV Sindhu bestreitet ihren Achtelfinal gegen Tomoka Miyazaki heute Abend um ca. 19 Uhr.